Stephan Thome: Grenzgang (2009)

Heute wird die Longlist zum Deutschen Buchpreis 2015 veröffentlicht - das heißt, jene 20 Bücher, die die Jury nochmals näher in den Blick nimmt. Bevor ich durch das neue Longlistheft blättere, nochmals ein Blick zurück - da war doch was. Einige wenige Bücher aus den Longlisten haben es bis zur Rezension hier gebracht. Zum Beispiel der grenzgängerische Stephan Thome:

“Die Kuppen ihrer Finger streifen über seine Handflächen, bevor sie sich mit den anderen Fingern verschränken. So stehen sie still für einen Moment, ein Zwei-Personen-Rahmen für den enger werdenden Raum zwischen ihren Körpern. Spielraum.“

Stephan Thome, “Grenzgang”, 2009, Suhrkamp Verlag.

Eine Frau, ein Mann. Mitte 40. Lebensentwürfe gescheitert. Gestrandet in der Provinz. Treffen einander. Irrungen und Wirrungen. Kommen trotzdem zusammen. Ein Ende, das sich nur zögernd happy anfühlt. Aber immerhin das. Und: Das Beste kommt zum Schluß. Das ahnt man schon. Die Beschreibung der Annäherung (daraus das Zitat): Wunderschön, bitterzart. Soviel zum Inhalt.

Auf den ersten Blick kein „Burner“. Doch Stephan Thome hat in seinem Roman das Provinzgetümmel so schön mit feiner Ironie gezeichnet, dass Elmar Krekeler in der Welt gar schwärmte: „In keinem Roman wohnt man so gern wie in diesem.“

Thome schreibt schön, schon in diesem ersten Roman, dem “Fliehkräfte” folgten, im Herbst wird sein dritter Roman beim Suhrkamp Verlag erscheinen.

Die Enge knistert zwischen allen Zeilen. Thome beschrieb neulich im Stern in einer Kolumne sein von Fernweh angetriebenes Leben. Einer, der meist unterwegs zu sein scheint, hat offensichtlich einen besonders unverstellten Blick auf die Heimat. Der Philosoph Thome hat promoviert über „interkulturelle Hermeneutik und die Herausforderung des Fremden“. Schön, dass er das Fremde in der deutschen Provinz als Herausforderung für seinen Debütroman angenommen hat.

Befremdlich für “Zugereiste” vielleicht auch die Tradition des Grenzgangs – bei “Schöne Seiten” findet sich eine besonders lesenswerte, weitaus ausführlichere Besprechung des Romans. UND!!! Caterina hat sogar einen Grenzgang mitgemacht – das ist wahre Literaturleidenschaft…:
http://caterinaseneva.wordpress.com/2012/08/18/stephan-thome-grenzgang/

“Das muss doch seine Mutter geschrieben haben” – Iris Radisch im Video über diesen “Provinzroman”

Verfasst von

Das Literaturblog Sätze&Schätze gibt es seit 2013. Gegründet aus dem Impuls heraus, über Literatur und Bücher zu schreiben und mit anderen zu diskutieren.

10 thoughts on “Stephan Thome: Grenzgang (2009)

      1. Dann musst Du noch Gegenspiel lesen, die Geschichte aus der Sicht der Frau!🙂 ich mag Thome sehr und vermisse Gegenspiel auf der Longlist… Grenzgang war mein Favorit bei seinen Büchern.

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      1. Bisher lese ich den Roman ziemlich gern. Ich mag diese Heimat-Fremde-Heimat-Geschichten, diese Schilderungen kleiner, bisweilen enger Räume mit ihren Ritualen, Geheimnissen, Leichen im Keller. Der Stil gefällt mir auch gut, allein die Figuren empfinde ich (noch?) als etwas blass.

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